Liebe Brasilienfreunde,
bevor ich euch von unserer Schule und den tollen Aktionen auf dem Sitio (Grundstück) in Caapora erzähle, möchte ich euch von der politischen Lage in Brasilien berichten.
Ab Januar 2019 wird Brasilien von dem rechtsradikalen Jair Bolsonaro regiert. Bolsonaros Aussagen sind für mich schwer verdaulich: Eltern, deren Kinder Anzeichen von Homosexualität zeigten, empfiehlt er Prügel. Afrobrasilianer hält er für so faul, dass sie sich nicht einmal mehr fortpflanzen. Einer linken Abgeordneten sagte er einst vor versammeltem Kongress, sie verdiene es nicht einmal, vergewaltigt zu werden, derart hässlich sei sie.
Bolsonaro hat öffentlich angekündigt Brasilien zu „säubern“ sobald er Präsident ist.
Ich habe gemeinsam mit meiner brasilianischen Freundin Didi öffentlich gegen diesen Mann gekämpft. Ich habe versucht brasilianische Freunde und Mitarbeiter unseres Projekts davon zu überzeugen, dass es mit Bolsonaro nicht weniger Drogen und Gewalt in Brasilien geben wird. Menschen zu bewaffnen, wie Bolsonaro es will, ist keine Lösung gegen Brasiliens Probleme.
Direkt nach dem Wahlsieg Bolsonaros gab es eine Menschenansammlung vor Didis Haus. Die Menschen grölten voller Hass und zündeten Feuer auf der Straße gegen eine Frau, die sich gegen die Diskriminierung von Minderheiten einsetzt.
Ein Taxifahrer, den wir in Rio getroffen haben, freut sich jetzt schon darauf, dass die Obdachlosen in Rio bald „weggesäubert“ werden.
Mir wurde in letzter Zeit häufig geraten, zu dem Thema „Bolsonaro“ zu schweigen. Ich kann und will aber die deutsche Geschichte nicht vergessen. Bolsonaros Äußerungen gleichen denen von Hitler und ich habe Angst um Brasilien.
Als Vorsitzende der Helder Camara Brasilienpartnerschaft werde ich weiterhin meine Stimme erheben und Gesicht zeigen, ansonsten könnte ich mich nicht mit diesem Verein identifizieren. Unser Verein Helder Camara steht für Menschenrechte, Respekt und Vielfalt. Wir sind gegen Rassismus, Hass und Hetze.
Ich denke dabei auch an unseren Namensgeber Dom Helder Camara. Er galt als einer der bedeutendsten Kämpfer für die Menschenrechte in Brasilien und er hat in aller Welt die Folterer und Mörder während der Militärdiktatur angeprangert.
Caapora ist leider immer noch ein Drogensumpf. Es gibt Überfälle und auch zahlreiche Morde im Ort.
In unseren Musik- und Fußballgruppen sollen die Kinder abgelenkt und ihr Selbstbewusstsein soll gestärkt werden.
Dass das bei den Jugendlichen in Caapora eine sehr schwierige Aufgabe ist, hat unser Projektleiter Jorge uns berichtet. Es kommt immer wieder vor, dass Jugendliche nicht mehr zu den Übungsstunden kommen , weil sie den Drogenkonsum cooler finden.
Im Dezember 2018
Die neue Veranstaltungshalle auf dem Sitio wurde in diesem Jahr gestrichen und gefliest. Demnächst soll sie mit Toiletten ausgestattet werden.
Auf dem Spielplatz gibt es neue Spielgeräte und die Schulkinder haben auch ein großes Planschbecken bekommen.
Auf unsere Lehrerin Christiana können wir richtig stolz sein.
Die Mutter von 5 Kindern bringt 26 Kindern in liebevoller Weise lesen, rechnen und schreiben bei. Wir könnten uns keine bessere Lehrerin für unsere Escolinha (kleine Schule) vorstellen. Inzwischen besuchen auch Christianas Drillinge Isis, Isla und Iguel die Schule.
Auch Jorge und seine Frau Nil haben ein großes Lob verdient: Alle Arbeiten und Aufgaben in der Schule und auf dem Sitio werden stets perfekt geplant, organisiert und ausgeführt.
Dank der tollen Unterstützung der Grundschule Bissendorf können wir Christiana einen besonderen Wunsch erfüllen: Es wird ein Computer mit Drucker angeschafft und es soll in Zukunft in der Schule auch Internetempfang geben.
Ganz lieben Dank an alle Schulpaten, Helfer beim Spielzeugmarkt, Kinder, Eltern und Lehrerinnen und alle die lieben Menschen, die unsere Arbeit in irgendeiner Weise unterstützt haben.
Sollten meine Befürchtungen wegen Brasiliens neuen Präsidenten wahr werden, brauchen wir eure Hilfe in Zukunft vielleicht mehr denn je.
Ich hoffe sehr, dass wir weiterhin ohne Probleme „unser“ Caapora besuchen können und dass die Liebe gegen den Hass gewinnt.
Susanne Niermann